Highttech-Unternehmer in der Surselva

Absolvent Maschinentechnik|Innovation

«An der HSR haben wir alles gelernt, was ein Ingenieur an theoretischen Grundlagen kennen muss. Auch wie man in einem Entwicklungsprozess systematisch vorgeht und Projekte bearbeitet. Das war eine gute Grundlage für meine spätere Selbständigkeit .»

  • Abschluss: HSR Rapperswil Maschinentechnik|Innovation in Rapperswil 2014
  • Arbeitgeber: novaziun AG
  • Funktion: Co-Founder & Maschineningenieur 

Angefangen hat alles mit einer Lehre als Landmaschinenmechaniker. Danach war ihm klar: «Das Tätigkeitsfeld passte, aber ich wollte mich weiterentwickeln.» Nach der Berufsmatur studierte er Maschinentechnik in Rapperswil. «An der HSR haben wir alles gelernt, was ein Ingenieur an theoretischen Grundlagen kennen muss. Auch wie man in einem Entwicklungsprozess systematisch vorgeht und Projekte bearbeitet. Das war eine gute Grundlage für meine spätere Selbständigkeit », erzählt Gian Caduff. 

Wie der Zufall spielt
Mit dem Bachelor in der Tasche tritt er 2014 seine erste Stelle bei Bucher Municipal im Kanton Zürich an. Die Firma entwickelt Kehrmaschinen, die in der ganzen Welt eingesetzt werden. Hier findet der junge Ingenieur zu seinem späteren Tätigkeitsfeld. Eher zufällig wirkt er bei einem Projekt zur Elektrifizierung von Kehrmaschinen mit. Seitdem hat ihn das Thema Elektromobilität gepackt und lässt ihn bis heute nicht mehr los.

Ingenieur in Graubünden
Neben seiner Anstellung tüftelt Gian Caduff an eigenen Projekten und gründet 2018 mit einem Studienkollegen seine eigene Firma. Sie entwickeln Elektrifizierungslösungen für landwirtschaftliche Einachser: kleine Schneepflüge, Mähmaschinen. Das Besondere daran: Der Firmensitz ist in der Surselva, einer der abgelegensten Regionen der Schweiz. «Es zog mich wieder zurück nach Graubünden», so der Jungunternehmer. «Aber auf dem Land gibt es keine Stellen in hochspezialisierten Technologiefirmen. Also habe ich mich entschieden, den Schritt in die Selbständigkeit zu wagen.» 

novaziun AG

Arbeiten im Remote-Modus
Von Anfang an haben die Firmengründer alles auf Remote-Zusammenarbeit ausgerichtet. Einer sitzt im Bündnertal, einer in Zürich. Es läuft gut, Elektromobilität ist eine wachsende Nische. Doch mit dem ersten Lockdown bricht das Geschäft ein. Kunden stoppen ihre Projekte, Aufträge fallen weg. Selbst grosse Firmen sind nicht auf die Zusammenarbeit mit externen Dienstleistern im Remote-Modus eingestellt. Sie nutzen die Zeit für die Weiterentwicklung ihres Produkts. 

Neustart für die ePowerUnit
Es entsteht die ePowerUnit, ein Umbau-Kit für Einachser. Nun gilt es, neue Kunden zu gewinnen. Viele Telefonate, viel Herumreisen. Eine stressige Zeit. Dann gibt es personelle Abgänge. «Für mich stellte sich die Frage, wie es mit der Firma weitergehen soll: neue Mitarbeiter einstellen oder allein als Berater unterwegs sein», erzählt Gian Caduff. Der Zufall hilft. Bei einem Netzwerkanlass trifft er Daniel Vincenz, einen jungen ETH-Ingenieur mit einem Start-Up in der gleichen Branche. Sie spannen zusammen, expandieren und eröffnen ein zweites Büro in Zürich. Ihre Fima, die novaziun AG, berät Maschinen- und Fahrzeughersteller beim Schritt in die Elektromobilität und entwickelt eigene Produkte.

Jonglieren zwischen zwei Stadt und Land
Sie nutzen gezielt die Vorteile beider Standorte: im Bündnerland die Nähe zu Kunden in der Landwirtschaft, Zürich ist gut erreichbar für Projekte. Die Nähe zur Hochschule hilft, gute Ingenieure zu finden. «Die Arbeit im Remote-Modus fordert viel Disziplin», so Caduff. «Es braucht eine gute Vorbereitung, eine klare Kommunikation und einen strukturierten Informationsaustausch.»

Gute Life-Balance hält produktiv
«Je länger ich selbständig bin, desto wichtiger ist mir eine gute Life-Balance. Wenn man immer nur arbeitet, geht die Produktivität zurück», so der 33-Jährige. In seiner Freizeit ist er in den Bergen unterwegs, im Winter Skitouren, im Sommer Klettern. Ihr Unternehmen zählt heute acht Mitarbeitende. Gemeinsam ist es gelungen, sich am Markt zu behaupten und neue Arbeitsplätze zu schaffen und der Abwanderung in der Surselva entgegenzuwirken. Gerade haben sie einen Preis gewonnen. Ein Erfolg, der auch anderen Mut machen soll. 

Erschienen im Februar 2023:  OSTpunkt Magazin