Wenn die Wellen höher schlagen...

Rückblick: 16.09.2021 Resilienz & Co.: FHS Alumni meets FCSG

Wir alle sitzen im selben Boot und versuchen, gemeinsam die anhaltende Coronakrise zu bewältigen. Wobei einige Boote definitiv mehr Wellengang meistern müssen als andere. Kommunikation, egal in welcher Branche und welchen Bereichen, ist in dieser unberechenbaren Situation unabdingbar. Wie führt und kommuniziert man in einer Krise «richtig»? Und wie können wir unsere Resilienz stärken?

Nun sitzen wir hier, mit 40 Alumni-Mitgliedern am Donnerstag, 16. September, im «Boot» des FCSG 1879. Wir werfen einen Blick auf das eindrückliche Stadion, auf die theoretischen Grundlagen einer Krisenkommunikation sowie auf das Krisenmanagement unseres Ostschweizer Fussballvereins.

Die Stadionführung

Während einer Stunde durften wir den Kybunpark von allen Seiten bestaunen. Von den Räumlichkeiten des «Dienstagsclubs», der Gäste- und Schiedsrichterkabine bis zum Pressekonferenzbereich. Einmal einen Fuss auf das Fussballfeld setzen, die Erstbank und die Logen bestaunen. Das Stadion bietet Kapazität für rund 19'500 Besucherinnen und Besucher. Ein paar Facts zum Bau selbst:

  • Grundstück 50'000 m2
  • Bauvolumen 915'000 m3
  • Aushub 500'000 m3
  • Schalungen 162'000 m2
  • Beton 83'000 m3
  • Stahl 11'000 t

Einige Highlights, die wir nicht vorenthalten möchten:

  • Der Rasen:
    Einbau von FiberElastic in den Rasen. «Mit FiberElastic werden wurzelartige Fasern und elastische Additive dank neuester Mischtechnologie homogen in eine DIN 18035/4 Rasentragschicht eingemischt. Der Sportler spielt auf 100% Naturrasen, spürt aber die Elastizität, Scherfestigkeit und Ebenflächigkeit deutlich», heisst es auf der Homepage von Eurosportsturf.
  • Die Kabinen:
    Die Gästekabinen sind sehr einfach eingerichtet. Zusätzlich gibt es eine separate Trainerkabine, um «heikle» Einzelgespräche zu führen. Die Schiedsrichterkabine ist für vier Schiedsrichter eingerichtet. Weil es schon vorkam, dass verärgerte Fans nach einem Match die Kabine der Schiedsrichter aufsuchen wollten, ist die Türbeschriftung nicht ganz selbsterklärend. Wie die Aufschrift genau lautet, verraten wir an dieser Stelle natürlich nicht;).
  • Die Logen:
    Komfortabel eingerichtete Zimmer mit eigenem Balkon. Die Besuchenden erhalten ein exquisites Catering in der Loge.

Wenn die Wellen höher schlagen…

Dr. Susanne Zajitschek, Dozentin an der OST – Ostschweizer Fachhochschule, gibt uns eine Einführung ins Thema «Leadership in einer Krise» und beleuchtet die Krisenkompetenz unter dem Motto: Raus aus der «Opfer-Rolle» und hinein in die «Gestalter:innen-Haltung».

Direkt zum Einstieg zeigt Susanne uns ein paar Beispiele: Sully 2009 – Notladung Airbus A320 auf dem Hudson River; «United breaks Guitar» – Airline, die ihr Image verliert nach Sachbeschädigung der Gitarre eines berühmten Musikers; Covid19 – Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihre nationale Kommunikation. Schnell wird klar, in der Ruhe liegt die Kraft und «richtig» zu kommunizieren, ist das A&O. Doch was bedeutet «richtig» kommunizieren?

  1. Mission. Das WHY, die klare Absicht kommunizieren. Die Menschen von Beteiligten zu Betroffenen machen und Transparenz zeigen.
  2. Verdichtung. Kurz und bündig informieren und vor allem die Informationsüberflutung zu vermeiden. Stattdessen sollen Themen reduziert und bewusst selektiert werden.
  3. Die drei Schlüsselkriterien: Integrität, Empathie und Kompetenz
    Integrität: eindeutige Position einnehmen, auch wenn man gegen sein eigenes Wertesystem entscheiden muss. Offen, transparent und empathisch kommunizieren.
    Empathie: sich selbst als Teil sehen, von «wir/uns» sprechen, Vorbildfunktion sein, Menschlichkeit in den Vordergrund stellen.
    Kompetenz: Entscheidungen z. B. durch fachliche Expertise untermauern und den Betroffenen eine Richtung geben, damit diese zuversichtlich bleiben und Vertrauen aufbauen können.

Aber: Wann spricht man von einer Krise? Antonio Gramsci, italienischer Schriftsteller des 20. Jahrhunderts, definierte einst, dass eine Krise dann entsteht, wenn das Alte stirbt und das Neue nicht geboren werden kann. In Krisenzeiten befinden uns an einer Schwelle, nicht im Raum. Es braucht einen entscheidenden Wendepunkt. Dieser wird aber erst im Nachhinein erkannt, sobald die Krise beendet oder abgewendet wurde.

Krisenarten gibt es viele. Typische sind beispielsweise Sinn-, Organisations-, Entwicklungs- oder Gesellschaftskrisen. Bei jeder Krise gibt es drei Phase, nämlich die Strategie, den Ertrag und die Liquidität. Am Anfang steht immer eine strategische Krise, diese wird aber leider zuletzt als Ursache der Liquiditätskrise erkannt.

Bitte klopfen!

Was ist nun die Aufgabe von Leadership in einer Krise? Entscheidungen treffen! Denn jede Person empfindet während einer Krise unterschiedlich. Für die Einen werden die gewohnten Muster durchtrennt, vertraute Prozesse verändert. Bei Anderen ist es ein vernichtend empfundenes Verhalten oder notwendige Informationen, die nicht zur Verfügung stehen. Darauf wird mit Kampf, Flucht oder Vermeidung, Nicht-Wahrhaben und Unterwerfungsversuchen reagiert. Deshalb ist es wichtig, dass Führungspersonen entscheiden und somit Klarheit schaffen. Resilienz zählt deshalb zu den wichtigen Krisenkompetenzen. Als resiliente Person ist man toleranter gegenüber Störungen des eigenen Systems und kann auf seine bestehenden persönlichen und sozialen Ressourcen zurückgreifen, um so die ganzen Entwicklungen positiv zu nutzen oder in die ursprüngliche «Form» zurückzusetzen. Sogenannte Stehauf-Männ- und Weibchens!

Es gibt viele Möglichkeiten, die Resilienz zu stärken: Der eigenen Kreativität freien Lauf lassen, die Situation akzeptieren, Verantwortung für sein Leben übernehmen, nach vorne schauen, optimistisch sein und die Zukunft gestalten und sich nicht in der Vergangenheit bewegen, Achtsamkeit üben, Beziehungen pflegen und – last but not least – daraus lernen, wachsen und sich weiterentwickeln!

Krisenkommunikation erfordert Auftrittskompetenz. Eine Möglichkeit ist die prozess- und embodiment-orientierte Psychologie (PEP). Hierbei geht es um den Blick durch die diagnostische Brille zur Selbstberuhigung, Selbstwirksamkeit und Selbstfürsorge. Ein Bereich davon sind die Big5 – Lösungsblockade der parafunktionalen Beziehungsmuster:

  1. Selbstvorwürfe
  2. Fremdvorwürfe
  3. Erwartungen an Andere
  4. Inneres Schrumpfen
  5. Parafunktionale Loyalitäten

Als schnelle (emotionale) Selbsthilfe zum Abbau dieser Blockaden oder auch allgemein gegen Stress kann das Klopfen wirken! Im Buch «Bitte Klopfen», welches alle Teilnehmenden erhalten haben, ist die Klopfmethode im Detail beschrieben.

Im Talk mit Matthias Hüppi, Präsident des FC St.Gallen 1879

Matthias Hüppi ist seit 2018 Präsident des FCSG 1879. Mit seiner Mannschaft, Partnern, Fans, Medien und weiteren Anspruchsgruppen kommuniziert er nicht nur in der Corona-Zeit viel und intensiv. Wir wollten wissen, wie er allgemein dabei vorgeht, wie er zusammen mit seiner Mannschaft Krisen erlebt und überlebt, ob und was für Mental-Training das Team macht, wie er die Beziehung zu den Fans pflegt und was sein Geheimrezept für seinen authentischen Auftritt sind.

Der Talk hat gezeigt, dass die Theorie und Praxis übereinstimmen.

Den eindrücklichen und spannenden Abend liessen wir beim Apéro mit bestem Blick auf den Rasen des Fussballfeldes ausklingen.

In diesem Sinne: «Wir erzeugen zwar nicht unser Leben selbst, aber im Wesentlichen unser Er-Leben.» Seien wir also nicht Opfer der Wahrnehmung, sondern lösen das Problem und entwickeln uns daraus weiter!
Viel Erfolg auch beim Anwenden der neu gelernten Anwendungsmethode «Klopfen».

Text: Nicola Diebold
Fotos: Nicola Diebold, Thomas Utz, Pius Küng

Resilienz & Co.: FHS Alumni meets FCSG, 16.09.2021