Networking-Tag 2019 – Rückblick
Schöne neue Welt – eine Gebrauchsanweisung
So schön kann die neue Welt sein
Der Roborter als Gymnastiklehrer, ein neues Organ aus dem 3D-Drucker und das Handy, das als Chip implantiert wrid. Was am Networking-Tag 2019 der FHS Alumni noch etwas utopisch klang, könnte in naher Zukunft Realität sein.
Vor 60 Jahren war die ISS, die internationale Raumstation, noch Science-Fiction. Zehn Jahre später war sie Realität und übermorgen könnte sie schon Altschrott sein. Denn neue Visionen von Mond- und Marsstationen liegen bereits vor. Überhaupt schreitet die Welt technisch betrachtet in Sieben-Meilen-Stiefeln voran, was die FHS Alumni dazu animierte, die «Schöne Neue Welt» am 15. Networking-Tag vom 6. September zum Thema zu machen. Da sassen sie dann, die 700 Gäste, und lauschten der Begrüssung von Raiffi, dem Roboter. SRF-Moderator Tobias Müller stand daneben und fragte sich: «Ich habe ein ambivalentes Gefühl zu diesem Thema. Bietet es uns Unterstützung oder nimmt es uns Arbeitsplätze weg?»
Das neue Herz aus dem 3D-Drucker
Die Frage war berechtigt, wenn man dem Internet-Unternehmer Jörg Eugster zuhört. Er erzählte vom 3D-Drucker, der die Logistikkette auf den Kopf stellen wird. Ersatzteile für Autos lassen sich bequem über ihn ausdrucken, der LKW-Transport entfällt. Es gibt auch schon druckbare Lebensmittel. Ganze Häuser seien denkbar, das würde den Wiederaufbau bei Hurrikans enorm erleichtern. Noch nicht voll funktionsfähig, aber bereits in der Entwicklungsphase seien Organe. «In zehn Jahren wird es möglich sein, das Herz in 3D zu drucken», sagt Eugster. Die Technik sieht weitere Innovationen vor, gerade in der künstlichen Intelligenz. Eugster diktierte seinem Handy in rasendem Tempo eine Nachricht, die dann vom System ruckzuck niedergetippt wurde. Auch Übersetzungen funktionieren damit spielend leicht; das Programm DeepL übersetzt ein 25-seitiges Dokument in 25 Sekunden. Ein Google-Assistent wird künftig die Coiffeurtermine vereinbaren, den Tisch im Restaurant reservieren, ohne dass man erkennen wird, ob am anderen Ende der Leitung ein Mensch oder ein Bot ist. Damit nicht genug: Statt ein Smartphone tragen die Menschen künftig einen Chip unter der Haut. Samsung arbeitet bereits an einer Kameralinse fürs Auge.
Mit dem Roboter turnen
Der kleine Roboter NAO brachte die Gäste nicht nur zum Staunen, sondern auch zum Lachen. Denn als er zeigen sollte, wie er die Senioren 65+ zur Gymnastik anleitet, hat er kurzerhand gestreikt. NAO bekam eine zweite Chance und meisterte sie mit Bravour. Einige Gäste waren fast dazu geneigt, mitzuturnen. Ziel des Roboters ist, älteren Menschen das Leben zu erleichtern. Die Abteilung IKOA-FHS unter der Leitung von Sabina Misoch befasst sich intensiv mit Robotiklösungen im Alter. Auch Eugster ist von den Robotern überzeugt, sie würden eine enorme Hilfe bieten, insbesondere in der Rehabilitation oder bei Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen.
Die virtuelle Realität reell erleben
Dann musste sich Tobias Müller der Virtual Reality stellen. Jörg Bachmann vom Institut für Innovation, Design und Engineering an der FHS St.Gallen setzte ihm die 3D-Brille auf. Im Lift ging es hinauf, als sich die Tür öffnete, stand Müller in schwindelerregender Höhe über dem Abgrund eines Wolkenkratzers. Er musste sich auf die Plattform raus wagen. Seine Knie zitterten, so als stecke er wirklich in dieser Situation. Immer wieder griff er nach Bachmann, damit er nicht von der Bühne falle. Dann fasste er seinen Mut und sprang. Labors arbeiten bereits damit, um Betroffene mit ihrer Höhenangst zu behandeln. Aber Virtual Reality kann noch viel mehr als virtuelle Umgebungen schaffen, z. B. ganze Städte entwickeln und Visionen durchspielen. Eindrücklich gezeigt an berühmten Filmen wie Superman, Blade Runner, Incredibles 2. Hollywood ist führend in 3D- und VR-Anwendungen und ein St.Galler hat sich dort einen Namen gemacht: Dominik Tarolli. Smart City sei für reelle Stadtentwicklungen einsetzbar – San Francisco, Abu Dabi und auch Genf würden es bereits nutzen. Als Heimweh-St.Galler hoffe er natürlich, die Gallusstadt rufe ihn an und wünsche sich ebenfalls einen digitalen Zwilling.
Die ärztliche Behandlung übers Smartphone
Bei all der Technik darf eines nicht vergessen gehen: der Mensch selbst. «Menschen sehnen sich auch heute nach Traditionen, da können Algorithmen noch so effizient sein», sagt Sigmar Willi, der erstmals als Referent fungierte. Die digitale Transformation könne zwar Stress, Sucht, Einsamkeit und Ängste auslösen, aber man gewinne damit auch viel, unter anderem neue Optionen, Produktivität, Zeit, Mobilität und Kontakte. Man müsse sich einfach immer die Frage stellen, was man selbst wolle und was einem gut tue – und sich dabei auf seine Stärken besinnen. Menschlich verläuft es auch bei «eedoctors» – der ersten virtuellen Arztpraxis über das Smartphone. Man ruft über die App an, ein Facharzt meldet sich, ihm schildert man sein Problem und bekommt die ärztliche Meinung, bei Bedarf auch ein Arbeitszeugnis. Obendrein erinnert die App an allfällige Medikamente. Mit eedoctors will Dr. med. Andrea Vincenzo Braga dem Fachkräftemangel entgegenwirken und Patienten mit kleineren Befindlichkeiten wie Fieber, Husten oder Grippe den Weg zur Arztpraxis ersparen. Das komme auch dem überlasteten Gesundheitssystem zugute, denn 80% der Notfälle seien unnötig und würden Ernstfällen Ressourcen rauben. Der Networking-Tag 2019 hat einen visionären Blick in die «Schöne Neue Welt» gezeigt. «Wir haben heute gelernt: Wir sollen Lust haben auf die Zukunft, neugierig sein, aber den Menschen dabei nicht vergessen», sagte Müller abschliessend. Und diese Neugierde konnten die Gäste danach auch bei der traditionellen Networking-Party mit den verschiedenen Erlebniswelten stillen.