Science-Fiction oder Willkommen in der Wirklichkeit?

Rückblick: 08.04.2021 Virtuelle Realitäten

Einen anderen Charakterzug bekommen, den Mount Everest besteigen oder dein Geschlecht wechseln? In der virtuellen Welt ist alles möglich!

Zusammen mit 19 Alumni-Mitgliedern wurden wir ins Jahr 2045 und in die Welt der OASIS, einem Multiplayer-Virtual-Reality-Spiel, entführt. Anhand des Filmes «Ready Player One» sind wir den zentralen Aspekten der virtuellen Realität auf den Grund gegangen und haben erfahren, was es bereits schon auf dem Markt gibt und wo es eingesetzt wird, aber auch, was Fiktion bleibt.

Jörg Bachmann, Profi der virtuellen Möglichkeiten und Projektleiter am IDEE Institut für Innovation, Design und Engineering der OST – Ostschweizer Fachhochschule hat uns auf diese spannende Reise mitgenommen. Unterstützt wurde er von Reto Bischof und Markus Schiess – zwei ehemalige Studenten des Studiengangs Wirtschaftsingenieurwesen, die mit ihrem Industrieprojekt einen Ansatz der VR umgesetzt haben.

Virtuelle Realität: Was ist das?

Eine künstliche Umgebung, eine Mensch-Maschinen-Schnittstelle, bei der alle Sinne des Menschen angeregt und somit die Erlebnisse praktisch gleich wie in der Realität wahrgenommen werden. In diesem Zusammenhang gibt es verschiedene Begrifflichkeiten: VR = Virtual Reality; AR = Augmented Reality = erweiterte Realität, wobei unsere visuelle Welt mithilfe von digitalen Elementen weiter projiziert wird; AV = Augmented Virtuality. Grob gesagt heisst es: VR + AR = AV.

Nichts ist unmöglich

In der virtuellen Welt, wie beispielsweise dieser OASIS, kann man einfach alles machen und überallhin gehen: sei es auf dem Ferienplaneten relaxen, die Pyramiden runterrutschen, den Mount Everest besteigen, das Casino – so gross wie ein Planet – plündern. Man kann sein Aussehen verändern, die Charakterzüge anpassen oder gar das Geschlecht wechseln – alles ist möglich, die Grenzen sind unbeschränkt – und jeder bleibt, denn dort kann man sein, was man will, auch wenn man dies vielleicht in der Realität nicht sein kann.

Virtual Reality spricht sämtliche Reize an. Visualität und auch die Geräuschkulisse spielen dabei eine zentrale Rolle. Nebst den eher bekannteren Technologien wie VR-Brillen oder Sensoren-Handschuhe gibt es auch Ganzkörperanzüge, die Bewegungsmuster übernehmen, oder 360-Grad-Gaming-Stühle, bei denen Loopings hautnah miterlebt werden können.

Virtuelle Realitäten nicht nur als Spassfaktor

Mittlerweilen ist das Einsatzgebiet gross. Dank der VR-Technologie können beispielsweise Höhenängste therapiert, Trainingssequenzen durchgeführt, Simulationen erstellt oder Schädigungen im Gehapparat abtrainiert werden. Sie findet sich auch in der Architektur-, Immobilien- oder Automobilbranche wieder.

An der OST – Ostschweizer Fachhochschule gibt es diverse Projekte zu VR. Eines davon ist die Simulation unterschiedlicher Demenz-Stadien, um diese den aktuellen Studierenden des Departements Gesundheit erlebbarer und somit verständlicher zu machen.

Vier Beispiele entlang der Wertschöpfungskette

Nicht zuletzt dank Corona wurden die digitalen Möglichkeiten schneller vorangetrieben, und viele Unternehmen haben sich mit neuen Technologien ausgerüstet. Die «Extended Reality Map» des Gottlieb-Duttweiler-Instituts zeigt eine spannende Übersicht.

Vier Beispiele dazu:

Wohin geht die Reise?

Betrachtet man die Übersicht aus Jörg Bachmanns Input merkt man schnell, dass unglaublich viele neue Möglichkeiten mit oder dank AR und VR entstehen. Die nahe Zukunft mit virtuellen Reisen für Seniorinnen und Senioren ist durchwegs plausibel. Doch der Gedanke daran, dass im 2040 das menschliche Gehirn direkt an die VR-Technik angeschlossen sein oder bis 2098 das Bargeld komplett verschwinden könnte, ist zurzeit noch schwer vorstellbar. Wir werden sehen, was alles passiert!

Hilfe, ich habe den Verstand verloren

Ja, auch das ist leider möglich. Die virtuelle Realität brigt auch Risiken und Nebenwirkungen: Ganz offensichtliche, aber auch solche, die noch nicht wirklich erforscht und deren Langezeitfolgen unbekannt sind. Um einige zu nennen:

  • Emotion Sickness: Visueller Reiz, welcher der Körper nicht mitmachen kann (z. B. Kopf nach links, die Technik aber stockt)
  • Übelkeit und Schwindel: Visuell etwas vorgaukeln, das der Körper nicht mitmachen kann (z. B. Loopings)
  • Orientierungsverlust: Wir sehen nur 2D, mit 3D können wir innert Millisekunden umgehen, jedoch kann das Hirn nicht so schnell wieder zurückumstellen
  • Sturzgefahr: Wenn in der virtuellen Welt jemand vom Balken fliegt, kann es auch im richtigen Leben passieren
  • Verlust zur Realität

Für alle, die den Film «Ready Player One» noch nicht kennen, unbedingt anschauen: Einmal auf die Storyline, ein zweites Mal auf die Details im Hintergrund achten.

Ein Beispiel aus der Praxis: Augmented Reality im Servicegeschäft

Zusätzlich durften wir Einblick in ein spannendes Live-Projekt gewinnen. Mit der VR-Technologie haben zwei ehemalige Studierende des Studiengangs Wirtschaftsingenieurwesen der ehemaligen FHS St.Gallen ein Projekt mit ihrem Industriepartner umgesetzt: Augmented Reality im Servicegeschäft!

Das Problem
Weltweit Maschinen im Einsatz, Serviceprobleme, was nun?

  • Maschinen stehen teilweise still
  • Lange Reaktionszeiten
  • Servicekosten extrem hoch, da Spezialisten vor Ort sein müssen


Die Lösung
Augmented Reality. Der Betriebsleiter zieht die VR-Brille an, ein Servicetechniker loggt sich über das Tool Microsoft365 Remote Assist ein, kann das Problem live mitverfolgen und dem Betriebsleiter vor Ort Anweisungen geben, um die Maschine zu reparieren.

  • Rundum Verfügbarkeit eines Spezialisten
  • Klare Hilfestellung
  • Schnelle Reaktionsgeschwindigkeit
  • Stillstandzeiten der Maschinen werden reduziert
  • Prozesssicherheit
  • Reduktion der Servicekosten


Der Erfahrungsbericht

  • Praxiserfahrung ist zwingend nötig, da der Input an der Maschine sonst nicht weitergeleitet werden kann
  • Die Infrastruktur vor Ort muss stabil sein
  • Dank Brille hat man beide Hände frei zum Kommunizieren und um Maschinenteile zu zeigen
  • Maschine muss bereits digitalisiert sein
  • Es ist wichtig, vorab die Datenstruktur zu tracken, sodass wichtige Informationen dem Servicetechniker weitergegeben werden können

Bleiben wir gespannt, was uns in Zukunft dank virtueller Realität alles ermöglicht wird und was Fiktion bleiben wird.

«Virtual und Augmented Reality-Anwendungen werden in Zukunft an vielen Stellen unser Leben bereichern, teils sogar grundlegend verändern. Diese Entwicklung wird viele Unternehmensbereiche und alle Industrien betreffen.»

Angelika Huber-Straßer, Bereichsvorstand Corporates – KPMG AG