Rückblick: Hinter Gitter – Strafanstalt Gmünden

Vergitterte Fenster, verschlossene Türen. Bereits beim Weg vom Parkplatz in die Strafanstalt Gmünden in Niederteufen hat uns ein mulmiges Gefühl beschlichen. Personen hinter Gittern, die aus dem Fenster schauen. Wir, Zivilpersonen, die kucken kommen. Was erwartet uns? Wie wird es sein, so hinter Gittern? Wie wird die Begegnung mit Insassen sein?

Dieser einzigartige Besuch hat uns ermöglicht das Leben in der Strafanstalt Gmünden kennen zu lernen. Einen Einblick hinter ganz verschlossene Türen zu werfen. In Gmünden leben Menschen, die in ihrem Lebensverlauf mit Recht und Gesetz in Konflikt geraten sind und häufig psychische und somatische Erkrankungen in den Strafvollzug mitbringen. Daraus können sich während und nach der Haftzeit vielfältige Herausforderung in der Lebensführung ergeben.

Der ausgebuchte Event startete mit einer Sicherheitskontrolle und der Abgabe des Handys. Fotos durften wir verständlicherweise keine schiessen. Deshalb gibt es hier auch keine Impressionen. Gemeinsam blickten wir in einen Bereich, den Alltag von Insassinnen und Insassen, der ansonsten kaum öffentlich zugänglich ist und doch ein wichtiger Bestandteil der Resozialisierung nach Straftaten bildet. Artikel 75 (1) des schweizerischen Strafgesetzbuches StGB, welches uns durch den Abend begleitete. Beim Rundgang wurden wir von vier Mitarbeitenden aus verschiedenen Tätigkeitsbereichen geführt. Im entsprechenden Raum wurde uns geschildert wie ein Eintritt in den Strafvollzug von statten geht. Von der Besichtigung einer Zelle eines Insassen, durch den Frauentrakt des offenen Vollzugs vorbei an den verschiedenen Werkstätten und schliesslich zur Isolationszelle. Ja, dieser Rundgang hatte es in sich!

Der Direktor, Urs Schindler vermittelte uns vorgängig, was für Gefängnisarten es in Gmünden gibt. Wie sich die Belegung in Gmünden zusammensetzt: d.h. was für Delikte, Geschlechter, Nationalitäten, Religionen, etc. vor Ort sind und wie ein Alltag für Insass:innen von früh bis spät aussieht. Der Rundgang hat dann das Gehörte greifbar gemacht. Nach dem sehr informativen, aufklärenden und auch berührenden Rundgang hat uns Prof. Dr. Stephan Dettmers vom Departement Soziale Arbeit der OST in St.Gallen über den Weg der Sozialen Arbeit weiter aufgeklärt. Besonders regte er uns zum Nachdenken über Gesundheitsrisiken während des Strafvollzugs und bei der Wiedereingliederung danach an. Folgende Fragestellungen hat Stephan uns mit auf den Heimweg gegeben – vielleicht sind es auch Fragen, die dich bewegen:

  • Was ist mit Personen, die im Strafvollzug tätig sind? Krankenstände und Frühpensionierungen und weitere Risiken? …denn was diese Mitarbeitenden leisten, ist immens.
  • Wie steht es mit der gesellschaftlichen Inklusionsbereitschaft zur sozialen Resozialisierung von ehemaligen Insass:innen?
  • Welche Rolle spielen soziale und gesundheitliche Ungleichheiten in der Gesellschaft generell?

Perspektiven und Chancen für Reintegration bei begleitenden gesundheitlichen Störungen wie z.B. psychische Erkrankungen, Abhängigkeitserkrankungen oder chronisch-körperlichen Erkrankungen bleiben auch nach dem Vollzug eine Herausforderung.

Es war ein eindrücklicher und in Erinnerung bleibender Abend für alle alumniOST-Mitglieder. Gut konnten wir im Anschluss über das Gesehene und Gehörte untereinander und mit den Fachpersonen noch diskutieren. Was wir an diesem Abend bestimmt gewonnen haben: Ein tieferes Verständnis für die Realitäten des Strafvollzuges. Das war eine besondere Veranstaltung, die nicht nur Wissen vermittelt, sondern auch den ganz persönlichen Horizont erweitert und einen Perspektivenwechsel möglich gemacht hat.

Urs Schindler

Prof. Dr. Stephan Dettmers